Semantische HL7 Annotation von klinischen Gerätedaten zur Anbindung von Smart Applications
Informationsverarbeitung im Gesundheitswesen ist gekennzeichnet von verteilten, i.Allg. nur ungenügend integrierten Informationssystemen. Innerhalb eines Krankenhauses wird ein Patientendatenaustausch für die wichtigsten, häufig abrechnungsrelevanten Aufgaben unter Verwendung des Kommunikationsstandards HL7 Version 2 realisiert. In Spezialbereichen wie Operationssäle oder die Intensivmedizin besteht dagegen ein großer Handlungsbedarf. Das Hauptproblem ist hier die mangelnde Integration der zahlreich vorhandenen medizinischen Geräte mit ihren proprietären Geräteschnittstellen.
Schon seit geraumer Zeit existiert zur Realisierung eines herstellerunabhängigen Gerätedatenaustausches der ISO/IEEE 11073 Standard. Im Wesentlichen geht es um standardisierte Datenstrukturen (Klassen, Merkmale, Werte, Einheiten) für die jeweiligen medizinischen Geräte und um Nachrichtenprotokolle für den Datenaustausch selber. In diesem Projekt mit der Fa. Dräger geht es weniger um den Datenaustausch mit Geräten, da relevante Patienten- und proprietäre Gerätedaten bereits im Intensiv-Informationssystem „Integrated Care Manager“ (ICM) zur Verfügung stehen. Diese sollen allerdings in ein IEEE 11073 konformes Datenformat abgebildet werden, so dass die Daten zuverlässig weiterverarbeitet werden können. Nur so kann die ebenfalls von Dräger angebotene Anwendung „SmartCare“ zur Entscheidungsunterstützung bei der automatisierten Entwöhnung maschinell beatmeter Patienten für verschiedene Kunden ohne aufwändige Anpassung eingesetzt werden.
Eine Schnittstelle für SmartCare muss eine definierte Menge von Patienten- und Gerätedaten aus dem in der Versorgung eingesetzten ICM-System in einem geeigneten Format bereitstellen. Für eine größtmögliche Flexibilität werden Gerätedaten nicht direkt über ein Domain Information Model (DIM) in IEEE-11073 - konforme Gerätemodellierungen abgebildet, sondern zunächst in ein geeignetes HL7 V3 RMIM (Refined Message Information Model) integriert (11073 RMIM). Davon ausgehend können gewünschte Ausgabeformate i. Allg. über XSL-Transformationen abgeleitet werden, z.B. der für Gerätedaten spezifizierte CDA-basierte PHMR (Personal Healthcare Monitoring Report).
In Projektverlauf wird ein Mapping-Tool mit folgenden Teilschritten entwickelt:
Einmalig:
- Anpassung des generischen HL7 11073 RMIM Modells für mehr als eine Geräteklasse und für diverse Patientendaten.
Initialisierung:
- für jedes neue Gerät: Bereitstellung oder Anpassung von IEEE 11073 DIM Schemata für interessierende Geräte(klassen) und eine erste Teil-Instanziierung des 11073 RMIM.
- für jedes neue Intensivmedizin-Informationssystem: Bereitstellung oder Anpassung einer einfachen XML-basierten Austauschformats, inkl. einer Setup-Routine für Abbildung von proprietären Gerätekodes in den IEEE 11073 Standard.
- für jedes neue Ausgabeformat: Bereitstellung oder Anpassung von XSL-Transformationsregeln zur Abbildung einer 11073 RMIM-Instanz in das gewünschte Ausgabeformat; z.B. für ein PHMR-Dokument.
Zur Laufzeit:
- V3MapCore: Die exportierten ICM-Daten werden nach Instanziierung des angepassten 11073 RMIM in das gewünschte Ausgabe-Standardformat abgebildet.
Mit diesem Mapping-Tool wird es möglich, proprietäre Patienten- und Gerätedaten so aufzubereiten, dass z.B. das SmartCare-System auf die Daten zugreifen kann (Plug & Play). Eine Anpassung an neue Geräte, andere Intensivmedizin-Informationssysteme oder Ausgabeformate ist nach den obigen Initialisierungsschritten möglich [2]. Aufgrund der zunehmenden Kapselung von Geräten oder Informationssystemen im Intensiv-/OP-Bereich über die SOA-Architektur wird angestrebt, im hier skizzierten Ansatz als ein mögliches Ausgabeformat auch HL7 V3 konforme Nachrichteninhalte (Payloads) für WebServices (statt einem statischen PHMR-Dokument) zu ermöglichen.
Ausgewählte Publikationen
- Yuksel M, Dogac A. Interoperability of Medical Device Information and the Clinical Applications: An HL7 RMIM based on the ISO/IEEE 11073 DIM. IEEE Trans Inf Technol Biomed 2011; 15 (4): 557-66. (LINK)
- Zeplin G, Kock A-K, Poelker M, Seidl K, Mersmann S, Ingenerf J. Semantische HL7v3 Annotation klinischer Messwerte aus einem PDMS mittels ISO/IEEE 11073 Gerätebeschreibungen zur Anbindung von Smart Applications, 2011. (LINK)
- Josef Ingenerf, Ann-Kristin Kock, Marcel Poelker, Konrad Seidl, Georg Zeplin, Stefan Mersmann, Heinz Handels. Standardizing Intensive Care Device Data to Enable Secondary Usages. Stud Health Technol Inform. 2012;180:619-23. (LINK)
- Ann-Kristin Kock, Josef Ingenerf, Stoyan Halkaliev, Heinz Handels. Migration Path for Structured Documentation Systems including Standardized Medical Device Data. Stud Health Technol Inform. 2012;180:43-7. (LINK)
Projektteam
M. Sc. Ann-Kristin Kock (ITCR-L)
B. Sc. Marcel Poelker (Student)
B. Sc. Konrad Seidl (Student)
B. Sc. Georg Zeplin (Student)
PD Dr. rer. nat. Josef Ingenerf
Kooperationspartner
Stefan Mersmann, Dräger Medical GmbH, Lübeck, Germany
- Forschung
- KI und Deep Learning in der Medizin
- Medizinische Bildverarbeitung und VR-Simulation
- Integration und Nutzbarmachung von medizinischen Daten
- Sensordatenanalyse für assistive Gesundheitstechnologien
- AG Medical Image Computing and Artificial Intelligence
- AG Medical Data Science
- AG Medical Deep Learning
- AG Medical Data Engineering
- Nachwuchsgruppe Diagnostik und Erforschung von Bewegungsstörungen
Ansprechpartner
Josef Ingenerf
Professor
Gebäude 64, 2.OG
,
Raum 11
josef.ingenerf(at)uni-luebeck.de
+49 451 3101 5625